
Lebensraum Kirchturm
Kirchtürme sind für bedrohte Vogel- und Fledermausarten wichtige Lebensräume. Turmfalken, Dohlen, Fledermäuse oder Schleiereulen nutzen kirchliche Gebäude als Ersatz für natürliche Bruthöhlen. Daher engagieren sich die Kirchen und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) gemeinsam mit dem Projekt „Lebensraum Kirchturm“.
Die Besiedlung von Kirchtürmen und Dachstühlen wird wegen des eingebrachten Materials und bei Baumaßnahmen teilweise als Konflikt wahrgenommen. Doch es gibt Lösungen. Bei Sanierungen können passende Brutkästen Nistmöglichkeiten bieten gleichzeitig bleibt der Dachstuhl sauber. Dohlen halten Stadttauben fern, in dem sie sich vor allem während der Brutzeit erfolgreich gegen die Konkurrenz wehren.
Über 730 Kirchengemeinden in Deutschland wurden bereits mit der Plakette „Lebensraum Kirchturm“ ausgezeichnet. Wenn auch Sie mitmachen möchten, können Sie sich hier weiter informieren: www.nabu.de/aktionenundprojekte/lebensraumkirchturm/
ACHTUNG! Die Turmbewohner sind gesetzlich nach §44 Bundesnaturschutzgesetz geschützt. Alle Brut- und Ruhestätten müssen dauerhaft erhalten werden. Es ist oft nur von Spezialisten zu erkennen, ob ein Dachstuhl von Fledermäusen bewohnt ist. Vor Baumaßnahmen sollte ein Vertreter eines Naturschutzverbandes das Dach begehen, um frühzeitig eine Lösung zu finden und Konflikte zu vermeiden.
Die Themenseite und eine ausführliche Broschüre der Landeskirche Württemberg gibt wichtige Hinweise und Lösungsmöglichkeiten zum Thema Artenschutz und Gebäudesanierung.
Fledermäuse willkommen!
Einige Fledermausarten brauchen Kirchen zum Überleben

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ so das beliebte Zitat von Erich Kästner. Häufig braucht es gar nicht viel Tun um Gutes zu bewirken, ja manchmal reicht es schon etwas nicht zu tun. In diesem Fall: Das Licht einschalten. Die Außenbeleuchtung rückt zwar in der Dunkelheit Kirchen ins Blickfeld, doch hat sie auch Nachteile, besonders für eine vom Aussterben bedrohte Tierart: Die Fledermaus.
Viele Fledermäuse sind Kulturfolger und bewohnen, von uns meist völlig unbemerkt, Spalten an Gebäuden, Ritzen in Dächern oder Schornsteinen. Manche beziehen Quartier in Rollladenkästen, andere bevorzugen die großräumigen Dachstühle von Kirchen. So unterschiedlich die Quartiere, so unterschiedlich sind auch die Ansprüche der einzelnen Arten. 25 verschiedene Fledermausarten gibt es in Deutschland. Eines verbindet sie: Fledermäuse sind alle in besonderem Maße gefährdet und daher streng geschützt. Das liegt auch daran, dass Fledermäuse nur ein Jungtier pro Jahr großziehen können. Sie sind Säugetiere und kümmern sich um ihre Jungtiere. Auch wenn Fledermäuse sehr alt werden können (41 Jahre beträgt das im Freiland dokumentierte Höchstalter), ist das erfolgreiche Aufziehen jedes Jungtiers für den Erhalt der Population essenziell. Verluste werden nur unter optimalen Bedingungen und auch dann nur sehr langsam ausgeglichen. Daher sind einige unserer Fledermäuse akut vom Aussterben bedroht. Hierzu gehört auch das Graue Langohr, welches zur Aufzucht seiner Jungtiere auf Unterschlupfmöglichkeiten in Gebäuden angewiesen ist. Besonders bevorzugt es große, ungestörte Dachböden, am liebsten die von Kirchen. Allerdings sind Graue Langohren so scheu und vorsichtig, dass sie fast nie auffallen. Dies wurde Ihnen mitunter zum Verhängnis, da ihre Quartiere häufig übersehen und folglich unbeabsichtigt „wegsaniert“ wurden.
Fledermäuse brauchen Insekten in ihrer Umgebung: ein strukturreiches Außengelände mit vielen nachtblühenden Pflanzen, wie die Nachtkerze (Oenothera biennis), locken Insekten an, von denen sich Fledermäuse ernähren.
Allen Fledermäusen gemein ist die Dämmerungs- und Nachtaktivität. Wie eine schwedische Studie verdeutlicht, kann die Beleuchtung der Kirchenfassade sich fatal auf ein Fledermausquartier auswirken (Rydell et al. 2017: Age of enlightenment: long-term effects of outdoor aesthetic lights on bats in churches. Royal society). Die Studie zeigt, dass der Verlust von 35% der untersuchten Langohrquartiere vollständig auf die Installation von Fassadenbeleuchtungen zurückgeführt werden kann.

Mitmachen:
Die Außenbeleuchtung der Kirche besonders im Sommer auszuschalten.
Warum in diesem Zeitraum?In diesen Zeitraum fällt die Wochenstubenzeit der Fledermäuse, während der sie ihre Jungtiere aufziehen und in besonderem Maße auf Schutz angewiesen sind. Auch ist in dieser hellen Jahreszeit die städtebauliche Wirkung der Beleuchtung geringer als im Winter.
Fledermäusen Lebensraum bieten:Dachstühle öffnen, Spaltkästen aufhängen, bei Sanierungen auf Fledermäuse Rücksicht nehmen.
Fledermäusen Nahrung bieten: Ein fledermausfreundliches Umfeld mit insektenfreundlicher Bepflanzung, Wasserstellen und biologischer Vielfalt schaffen.
Als Anerkennung ihres Beitrages werden sie vom NABU mit der Auszeichnung „Fledermäuse Willkommen!“ in Rheinland-Pfalz oder „Fledermausfreundliches Saarland“ geehrt.
Wie kann ich sehen, ob Fledermäuse den Dachstuhl meiner Kirche nutzen? Beratungsangebot nutzen! Nach einer aktuellen Begehung leben in 1/3 der Kirchendachstühle der Pfalz Fledermäuse. Der NABU bietet an, auch in Ihrer Kirche nach Spuren auf Anwesenheit von Fledermäusen zu suchen. Vielleicht beherbergt Ihre Kirche bereits eine dieser besonderen und besonders geschützten Tiere oder Sie möchten Ihnen ein Quartier anbieten. Hierzu beraten wir sie gern. Für engagierte Gemeinden bieten Fledermausexperten des NABU zusätzlich einen Fledermausabend in ihrer Gemeinde an.
Weiterführende Informationen:
- Broschüre Licht und Artenschutz der Ev. Landeskirche Württemberg
- Broschüre Artenschutz an Gebäuden bei Gebäudesanierung der Ev. Landeskirche Württemberg
- Webseite des Nabu Rheinland-Pfalz zu Fledermäusen
- Koordinationsstelle Fledermausschutz in Rheinland-Pfalz